Wie regieren?

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Krisen scheinen zur heutigen Normalität zu gehören, sie sind nicht mehr der Ausnahmefall, die kurze und interessante, kontingente und offene historische Phase, die bald wieder – nach heftigen Deutungskämpfen um ihre Ursachen und Therapie – überwunden werden kann zugunsten einer neuen Struktur bzw. Dauerstabilisierung.

Ohne Regelvertrauen und Zukunftsperspektiven können weder Menschen, Wirtschaft noch Politik auf Dauer existieren. Sie wollen sicher in die Zukunft investieren und vertrauen können. Deshalb sollte man auch die Inflationierung des Krisenbegriffs und das Krisengerede, welches uns ständig begleitet, korrigieren und möglichst präzisieren. Probleme sind noch keine Krisen. Probleme und Handlungsbedarfe gibt es immer, Krisen nicht ; Leben und Politik sind auch Nicht-Krise. Zutreffend aber bleibt: „Das Leben ist Problemlösen“ (Karl R. Popper), wozu auch die Politik zählt.

Es scheint auch nicht mehr die eine große, zum Beispiel ökonomische Krise zu geben, auf die hin sich alles zuspitzt und sich die (Gesellschafts-)Kritik beziehen kann. Die große Figur von ‚Krise und Kritik‘ sowie die Kur aus einem Punkt, etwa aus dem Klassenkonflikt heraus, gehört der Vergangenheit an.

Die Krisen werden vielmehr grösser, globaler und vielfältiger. Bei der Klima- und Corona-Krise sprechen wir von Menschheitskrisen. Ebenso liegen die Mittel, sie zu lösen, nicht mehr so ohne weiteres auf der Hand bzw. in einer einzigen Hand, Instanz oder Macht. Außerdem ist unsere eigene Komplizenschaft in der Wohlstandsgesellschaft zu beachten, was nicht so einfach ist.

Die wissenschaftliche Politikberatung hat zwar rapide zugenommen, indessen ist das Expertenwissen ebenfalls kontrovers und umstritten. Zudem regierten selbst während der Coronakrise nicht die Wissenschaft bzw. die verschiedenen Virologen oder Intensivmediziner, sondern die Exekutiven mit Ausnahmerecht. Dennoch ist die Forderung berechtigt, dass Politik so weit wie möglich evidenzbasiert sein soll.

Von Mehrfach-Krisen ist heute zurecht die Rede, zum Beispiel in der EU: Eurokrise, Verfassungskrise, Migrationskrise. Die Klimakrise als epochale Aufgabe kommt hinzu, seit 2020 auch die Corona-Krise – von der Mehrfachkrise zur aktuellen Krisensteigerung der Jetztzeit. Naturkatastrophen: Überschwemmungen, Waldbrände, Stürme, Dürren, Wetterextreme halten uns weltweit in Atem. Apokalyptische Bilder gehen um die Welt. Der Katastrophenschutz wird wieder ein großes Thema, selbst in Deutschland, das ansonsten mit seinem technischen Hilfswerk überall zur Stelle ist. Die internationale Kooperation und Koordination wird überlebenswichtig.

Die Politik in Deutschland ist seit 2020 und der Juli-Flut 2021 im permanenten Krisenmodus, selbst während des Wahlkampfs. Sie scheint überfordert und erschöpft, trotzdem werden generell immer mehr Aufgaben an sie adressiert, zumal der Staat, der mehr ist als eine Regierung, seit langem die moderne Politikformel schlechthin geworden ist, der die Verantwortung trägt auch für die Langzeitfolgen unseres Handelns ( wohin etwa kommt der Atommüll ?).

Jahrelang war in Deutschland der ’schlanke Staat‘ das erklärte Ziel von Verwaltungsmodernisierung und Bürokratieabbau, gleichzeitig ist er aber immer größer und mächtiger geworden, genauer: „decomposition of power by increase of functions“(Grimm 1986) heißt sein Steuerungs-Problem.

Also kommt es ebenso auf die staatspolitische Verantwortung der Parteien und Bürger an, die während der Krisen außerordentlich viel Solidarität und Disziplin aus Einsicht bewiesen haben. Ohne diese bürgerschaftlichen Ressourcen könnte in einer freiheitlichen Demokratie gar nicht regiert werden. Ohne sie kommt man auch nicht durch Krisen. Nicht alle Gesellschaften sind indessen gleich belastbar. Das Regieren in der Krise macht zudem der Demokratie Konkurrenz. Die aktuelle Krisensteigerung wird oft als Ausnahmezustand empfunden und beschrieben.

Allerdings muss zwischen Krise und Ausnahmezustand unterschieden werden. Was das Grundgesetz für die Bewältigung krisenhafter Situationen vorsieht, hat die Juristin Anna-Bettina Kaiser näher untersucht (Ausnahmeverfassungsrecht, Tübingen 2020). Kaiser zufolge gehört der Ausnahmezustand dem Rechtssystem an (sie spricht von Inklusion), das für keinen Fall die Grundrechte außer Kraft setzt (Grundrechte-Demokratie). Im Unterschied zum vagen und multiplen Krisenbegriff muss der Begriff des Ausnahmezustands geschärft und im medialen Diskurs verantwortungsvoll angewendet werden. Das ist wichtig.

Ist eine vorausschauende krisenvermeidende Politik möglich, die über den dauernden Krisenmodus der Politik hinausgeht? Wie sieht ein Regieren aus, das nicht bloß auf Krisen reagiert und mehr ist als reaktives Krisenmanagement und Krisenkommunikation. Ist das überhaupt möglich in einer Situation der Krisensteigerung, in die wir global und national hineingeraten sind. Der Inflationierung des Krisenbegriffs, die den Diskurs der Moderne begleitet mehr als die Realität, wird man in einer Medien- und Kommunikationsgesellschaft kaum mehr Herr werden können.

Auch der italienische Philosoph Giorgio Agamben hat sich im Anschluss an Carl Schmitt („Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet“, Politische Theologie 1922) ausführlich mit dem Ausnahmezustand beschäftigt (siehe das gleichnamige Buch, 7. Auflage 2017, 1. Auflage 2004). Für Agamben ist der Ausnahmezustand zum vorherrschenden Paradigma des Regierens in der Moderne geworden: „politisch-militärischer Notzustand und ökonomische Krisen kommen immer mehr zusammen“ (S.23). Seine Hauptthese lautet, „dass die beispiellose Ausweitung des Sicherheitsparadigmas als normale Technik des Regierens“ zunehmend die Erklärung des Ausnahmezustandes ersetzt (S. 22).

Demgegenüber plädiert Kaiser für die Konstitutionalisierung des Ausnahmezustandes, was sich mit unserer politischen Theorie der verfassungsdemokratischen Bürgergesellschaft und ihrer lernfähigen Demokratie vereinbaren lässt (siehe Kleger, Gedankensplitter ll, 2021). Kaiser hat recht: „Auf Exklusion zu setzen würde heißen, auf die steuernde Kraft der Verfassung gerade dann zu verzichten, wenn sie am dringendsten benötigt wird“ (S.123). Der Ausnahmezustand ist deshalb weitestgehend zu verrechtlichen, so lautet ihre konträre Position zu Carl Schmitt und Giorgio Agamben. Die intellektuelle Romantisierung des Ausnahmezustands hat sich als Irrweg erwiesen.

Der Ausnahmezustand ist in einer rechtsstaatlichen Demokratie nicht der Normalfall. Normalfall ist die Legitimität durch Legalität. Man muss allerdings manchmal die Gerichte anrufen, um Recht zu bekommen. Mit der faktischen Ausgangssperre am 20. März 2020 betrat die Regierung rechtliches Neuland. Die Versammlungsfreiheit wurde faktisch aufgehoben und damit die unmittelbare Demokratie. Welches Recht gilt in der Not? Die Corona-Notsituation, die für die Politik eine ganz neuartige Krisensituation war, ist gleichwohl kein Ausnahmezustand im rechtswissenschaftlichen und politiktheoretischen Sinn:

„Zwar sind unsere Grundrechte in einem unter der Geltung des Grundgesetzes nie gekannten Ausmaß eingeschränkt. Und über die Reichweite der Einschränkungen, denen wir unterworfen sind, haben größtenteils nicht unmittelbar die Parlamente in Bund und Ländern entschieden, sondern Landesregierungen im Verordnungswege. Weitreichende Kontaktbeschränkungen wurden anfangs per Ministerialerlass verhängt. Das alles spielte und spielt sich aber, jedenfalls dem Anspruch nach, in dem ganz normalen Rahmen ab, den die Verfassung für verordnungsrechtliche Regelungen und für Grundrechtseinschränkungen auf gesetzlicher Grundlage vorsieht (so die ehemalige Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff, FAZ, 27. Mai 2020, S.9).

Anfangs 2020 rief Potsdam den „Klimanotstand“ aus, wie einige Städte zuvor. Was heißt das?
Und was bewirkt es? Zwischen Problemen und Krisen haben wir unterschieden, ebenso zwischen Krisen und Ausnahmezustand. Notstandsbegriffe wiederum gibt es verschiedene: Klimanotstand, Gesundheitsnotstand, Notsituation, Ausnahmezustand, Katastrophenfall, Naturkatastrophen.

Politiker haben Angst vor Fehlentscheidungen, insbesondere in schwierigen Situationen. Sie lassen sich beraten und müssen dennoch entscheiden. Nicht zufällig heißt die Biographie von Gerhard Schröder „Entscheidungen“, darunter waren die Weigerung, am Irakkrieg mit seinen unheilvollen Folgen bis heute teilzunehmen, und die Agenda 2010, die zu einer wirtschaftlichen Situation führte, von der die Regierung Merkel profitieren konnte. Entscheidungsschwache Politiker gelten ebenso als schlechte Politiker wie beratungsresistente.

Die offizielle Regierungspolitik hat sich inzwischen auf allen Ebenen Räte und Beiräte eingerichtet. Sie sind in den letzten Jahren zahlreicher geworden: vom traditionellen Rat der Wirtschaftsweisen über den nationalen Ethikrat, den Klimarat, Digitalrat usw. bis hin zum Seniorenbeirat, Migrantenbeirat, Behindertenbeirat usw. auf der kommunalen Ebene.

Inzwischen gibt es sogar einen Beteiligungsrat und seit neuestem den Ernährungsrat in mehreren Städten. Die Grünen möchten auf Bundesebene sozusagen als Kompensation für die Verabschiedung der direkten Demokratie einen „Partizipationsrat“ nach dem Vorbild des Potsdamer Beteiligungsrates einrichten. Die einen sagen dazu “ zahnloser Papiertiger“, für andere ist es ein Ort der konstruktiven Diskussion über Beteiligung. Beteiligung ist in aller Munde, es ist das Wort der Stunde, das freilich ein breites Spektrum von Verhalten abdeckt. So viel Beteiligung, Rat und Räte gab es noch nie! 

Die politische Annahme ist, dass man auf diesem Weg zu besseren und besser legitimierten Entscheidungen kommt. Bei aller wissenschaftlichen, organisatorischen und kommunikativen Rationalisierung der Politik bleibt am Schluss doch die verantwortete Entscheidung der Politik. Zu Recht unterscheidet man zwischen moralischer und politischer Verantwortung. Die Legitimation durch Beteiligung, welcher Art auch immer, ist inzwischen Standard. Das sollte man nicht nur unkritisch sehen, denn die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger darf keine Alibiveranstaltung für fehlende Demokratie werden.

Genauso wie es eine direkte Demokratie von oben (Plebiszit) und eine von unten (Volksinitiativen, Bürgerbegehren) gibt, so gibt es auch eine Beteiligung von oben (man wird beteiligt) und eine von unten, die sich selbst organisiert, obwohl sich diese scheinbar klare Dichotomie oft verwischt, wenn beide Seiten kooperieren. Demokratische Beteiligung kennt verschiedene Stufen und Formate: über Parteien, Wahlen, Abstimmungen, Initiativen und Räte, inzwischen auch losbasierte Bürger- und Zukunftsräte auf nationaler und europäischer Ebene.

Gutes Regieren ist demokratisches Regieren im Sinne einer lebendigen und lernfähigen Demokratie, die verfahrensinnovativ bleibt (Kleger, Demokratisches Regieren, 2018). Das Volk hat nicht immer recht, aber oft ist die Bevölkerung weiter als politische Eliten, die lediglich an ihrer Machterhaltung interessiert sind. Aus dieser heterogenen Bevölkerung einer aktiven Bürgergesellschaft heraus kommen heute neue Formen der Bürgerbeteiligung wie Bürgerhaushalte und Bürgerbudgets.

Hat Kanzlerin Merkel 16 Jahre lang tatsächlich, überspitzt gesagt, ’nur‘ mit viel Geduld und Verhandlungsgeschick reagiert (etwa in der Eurokrise) statt regiert im Sinne der Erreichung von Zielen? Gleichwohl wird oft gesagt, sie hätte auf Sicht und vorsichtig regiert, immer mit ihrem Standardsatz: „es gibt noch viel zu tun“, aber ohne Visionen. Kann Letzteres ein Vorwurf sein in diesen Zeiten?

Die europäische Migrationskrise und die EU insgesamt bleiben auch nach Merkel, die ein Machtvakuum hinterlässt, gewaltige Baustellen. Wir sagten ja schon, dass es immer Handlungsbedarfe für die Politik gibt. Der tatsächliche oder simulierte Aktivismus ist ihr Lebenselixier. Grosse Herausforderungen, die sich schon länger angekündigt haben, kommen allerdings in der aktuellen Krisensteigerung hinzu : die Staatsschulden (in Deutschland ist zurzeit das Haushaltsdefizit so gross wie seit 1995 nicht mehr, als die Schulden der Treuhand in den Staatshaushalt übernommen wurden), die verdrängte demographische Entwicklung, die akute Klimakrise und die ebenso verdrängte schleichende ökologische Krise, mit großen Auswirkungen auf andere Bereiche.

Was lässt sich hier an Versäumnissen der Regierung zurechnen und was nicht? Welchen Akteuren konkret und weshalb? Es ist wichtig, hier genau und differenziert zu sein, so schwer es fällt. Das ist der Anfang eines guten Regierens. Kurzschlüsse des Moralismus und Populismus gibt es genug.

Die Grünen wollen sofort ein ressortübergreifendes Klimaschutzministerium einrichten, um die notwendigen Veränderungen durch die Klimapolitik voranzutreiben. Es würde in die Richtlinienkompetenz des Kanzlers wie in die Kompetenz anderer Ministerien eingreifen. Das kann klimaschädliche Subventionen betreffen, aber auch Bereiche der Industriepolitik und des Militärs .

Superministerien gab es schon (Clement), bisher hatte aber nur der Finanzminister ähnliche Möglichkeiten der Intervention, weshalb ja auch der Liberale Lindner anstelle des grünen Habeck diesen Posten in der künftigen Bundesregierung gerne übernehmen möchte, damit „Umverteilung, Bevormundung und Subventionierung“ verhindert werden können.

Ein eigenes Digitalministerium oder ein Einwanderungsministerium stehen schon länger auf der Wunschliste. Andere halten nichts von zusätzlichen Ministerien. Für sie gibt es schon genug Etatismus und Bürokratismus. Das sind die polemischen Worte der liberalen ‚Staatsfeinde‘, die auf Markt und Technologien setzen. Dagegen wird den Sozialdemokraten „Seuchensozialismus“ und den Grünen „Ökodiktatur“ unterstellt. “ Mehr Staat“ ist an sich aber noch kein gutes (Gegen-) Argument in der heutigen Krisensituation. Staat und Zivilgesellschaft
können darüber hinaus ein konstruktives, wenngleich nicht konfliktfreies Wechselspiel eingehen.

Dabei geht es in der Sache grundsätzlich wie praktisch um den zivilisatorischen Staat in einer bestimmten historischen Krisensituation, welcher der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung einen Rahmen setzt. Das wäre ein ‚Ordoliberalismus‘ auf der Höhe der Zeit. Insbesondere darum wird in künftigen Koalitionsverhandlungen, die unumgänglich sind, politisch gerungen werden müssen, selbst zwischen den ideengeschichtlich üblichen und neuen Gegnern im Parteienwettbewerb, die in einer zivilen Demokratie keine Feinde sind.

Die Grünen fordern auf ihren Wahlplakaten „ein Land, das einfach funktioniert“. Das Wörtchen ‚einfach‘ soll darauf hinweisen, dass es um elementare Staatsfunktionen geht, die eigentlich selbstverständlich sind. Das allein erfordert allerdings schon erhebliche Investitionen: in Schulen, öffentlichen Verkehr, die Bahn, das Internet, den ländlichen Raum u.a.

Folgende Ebenen des Regierens, die ineinandergreifen, sollten wir unterscheiden, um eine sachgerechte Diskussion zu ermöglichen:

– die Idee des Staates, die eine Evolution und Humanisierung kennt;

– die Organisation der Regierung im Hinblick auf Ziele, die sie erreichen will;

– die Regierungsorganisation im weiteren Sinne, einschließlich der Verwaltung.

Die Staatsmodernisierung ist ein wesentlicher Teil des von allen Parteien ausgerufenen Modernisierungsjahrzehnts. Der Fraktionsvorsitzende der CDU Brinkhaus sprach neulich im Bundestag sogar von einer „kleinen Revolution“, die nötig sei. Im Blick hatte er die offenbar gewordenen Organisationsmängel im Pandemiekrisenmanagement: Umständlichkeiten, Langsamkeit und Risikoscheu. Diese Staatskritik ist eine Organisations- und Verwaltungskritik, die den Organisationsweltmeister kränken muss, weil man sich doch immer vor allem in der Politik als Verwaltung für besonders gut hielt.

Aber gerade ein gutes und schnelles Organisationsvermögen benötigt Freiheit und Handlungsmut und nicht Überregulierung und Ängstlichkeit. Der Hang zur staatlichen Feinsteuerung führt zu Selbstblockaden der Politik, was der übermäßigen Verrechtlichung geschuldet ist. Rückstände bei der Digitalisierung und Risikoaversion kommen hinzu. Selbst die elementare Kommunikation, Koordination und Abstimmung zwischen Behörden bedarf der Initiative, um schlimmste Fehler sogar im staatlichen Kernbereich der inneren Sicherheit zu verhindern (siehe nur den Untersuchungsbericht zum Fall Amri oder den Fall NSU).

Statt Gründlichkeit und Grundsatzdebatte, die ihre Berechtigung haben, ist oft Tempo und Eigeninitiative gefragt. Dafür ist ein Kulturwandel hin zu mehr selbstständigem Denken und Handeln erforderlich. Im Vordergrund der vollmundig angekündigten Modernisierung steht für die Parteien die Beschleunigung der Planungsverfahren, die nicht nur, aber vor allem für den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien benötigt wird. Bisher brauchte die Genehmigung einer Windkraftanlage 6 bis 9 Jahre. Mehr Tempo ist auch beim Ausbau von Bahn- und Stromtrassen angesagt.

Die Staatsmodernisierung betrifft sowohl grundsätzliche Aspekte des helfenden Sozialstaats und des Infrastrukturstaats als auch ganz praktische Aspekte des arbeitenden Staates. Es geht um nicht weniger als die „Neujustierung der Staatlichkeit“ (Reckwitz). Dabei muss heute in der Jetztzeit, deren anspruchsvolles prioritäres Ziel der klimagerechte Wohlstand für künftige Generationen ist, auch die europäische Ebene wie die Gerechtigkeit zwischen den Generationen einbezogen werden. Nur wenn wir deren Interessen heute berücksichtigen, können wir von ihnen auch Solidarität in der Zeit erwarten.

Foto von Vladyslav Dukhin von Pexels