Putin und Trump

  1. Home
  2. /
  3. Blog
  4. /
  5. Putin und Trump

Putins Antwort auf den ukrainischen Vorschlag einer 30-tägigen Waffenruhe, den die Amerikaner vermittelten, war: Ja und Nein. 

Ja, er wolle sich auf eine Waffenruhe einlassen, das sei eine gute Idee. Ausdrücklich lobt er Trumps Initiative. Er will ihn nicht düpieren. Das ist höfliche Diplomatie.

Nein, unter seinen Bedingungen. Das hieß: man müsse über die „tieferen Ursachen“ des Konflikts noch sprechen. Sie liegen im Donbass und sind tatsächlich besonders schwierig für eine künftige Friedenslösung. 

Bei Verhandlungen geht es immer um beidseitige Konzessionen. Um welche, und wie weit können diese gehen? Und zu welchem Zeitpunkt der Verhandlungen, um diese voranzubringen oder auch scheitern zu lassen. Das ist der schwierigere, riskante Teil der Diplomatie. 

Soll also zum Beispiel der Nato-Beitritt und die europäischen Friedenstruppen von vornherein vom Tisch? Das jedenfalls ist die vorgetragene Linie von Außenminister Lawrow, die auch dem amerikanischen Außenminister Rubio bekannt ist, der eben beim G7-Treffen in Kanada die „territoriale Integrität“ der Ukraine bekräftigt hat. Das wiederum ist nicht mehr als förmliche Diplomatie. 

Was müsste dafür Russland von seinen bisherigen Maximalforderungen abziehen? Die annektierten vier Provinzen, die feierlich in die Verfassung der Russischen Föderation aufgenommen worden sind, werden es nicht sein. 

Wo würde man dann die Frontlinie ziehen und wie müsste sie überwacht werden? Mit wie vielen Soldaten? Aus welchen Ländern? Durch ein internationales Mandat? Mit Satelliten? 

Darüber wird jetzt schon unter Generälen in Paris auf Einladung Macrons beraten, denn es ist bei der Größe des Landes und seinen langen Fronten schon rein technisch eine schwer lösbare Aufgabe. 

Die Konditionen zudem müssten Bedingungen sein, die schmerzhaft sind, aber noch im Spektrum möglicher Kompromisse liegen. Spielräume dafür gibt es für alle drei Seiten. Aber wer geht welche schmerzhaften Kompromisse ein? Und welche Druckmittel wirken? Um normative Seminardiskussionen handelt es sich nicht.

Trump muss weiter verhandeln, das ist keine Frage. Handeln durch Verhandeln. Und wie signalisiert Putin Verhandlungs- und Friedenswillen? Peskow, sein Sprecher, ist wie immer „vorsichtig optimistisch“. Die Ukrainer werten Putins Verhalten dagegen als Verzögerungstaktik, um weiter militärische Erfolge erzielen zu können. Der Kriegsherr ist auf dem Vormarsch. 

Was er mit Witkoff, Trumps Unterhändler, der 13 Stunden in Moskau weilte, verhandelte, ist nicht bekannt. Peskow und Trump sind optimistisch, ohne inhaltlich konkret und genau zu werden.

Steve Witkoff, der enge Vertraute von Trump, ist informell der wichtigste Regierungsbeauftragte der USA geworden für die beiden größten weltpolitischen Krisenherde zugleich, Ukraine und Naher Osten. Der Anwalt und Geschäftsmann, der wie Trump in New York im Immobiliengeschäft zum Milliardär geworden ist, wird von diesem als „netter Kerl“ und „schlau“ bezeichnet (Tagesspiegel, 15.3. , S.9). Er teilt mit ihm das gemeinsame Golfen als Hobby: Basis und Überbau!

In Moskau hat er Putin zusätzliche Informationen überbracht und gleichzeitig Informationen von Putin für Trump mitgenommen (FAZ,15.3., S.2). Gleichentags bekräftigt Putin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Lukaschenko sein Ja zu einem Waffenstillstand mit dem Vorbehalt, dass dieser zu einem „langfristigen Frieden“ führen müsse – freilich nach russischen Vorstellungen.

Verschiedene Zeitkategorien sind zu beachten: temporär, kurzfristig, langfristig, ’nachhaltig‘ und ‚gerecht‘. Oder gar ‚ewiger‘ Friede (Kant 1795, was dieser ironisch meinte, nicht ohne die notwendigen Präliminarien eines Friedens zu nennen, die immer noch aktuell sind).

Aus der Beziehung mit Trump will Putin weiterhin Vorteile ziehen. Trump seinerseits spricht von produktiven Gesprächen. Eine andere realistische Diplomatie mit Machtmitteln gibt es derzeit nicht, obwohl der britische Premierminister Starmer am 15. März, der die europäische Initiative anführt, die Koalition der Willigen aufruft, mit dem Druck auf Russland nicht nachzulassen.

Kriegsherr Putin zeichnet derweil ein düsteres Bild der eingekesselten ukrainischen Truppen in der Region Kursk, dem der ukrainische Generalstab auf der Plattform X widerspricht. Das objektive Lagebild wird für politische Zwecke instrumentalisiert. Auch für Reporter vor Ort ist es äußerst schwierig, jeweils die genaueren Umstände zu verifizieren.

Der außenstehende Beobachter erlebt dabei seit mehr als drei Jahren sofort das übliche konträre Argumentationsmuster bei jeder militärischen Aktion. Dazu kommt nun noch Trump mit seinen üblichen maßlosen Übertreibungen: „Er habe Putin (telefonisch) dazu aufgefordert, „ihr Leben zu schonen“ (das der eingekesselten Soldaten, H K.), sonst käme es zu einem „schrecklichen Massaker“, wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“ (zitiert in der FAZ, 15.3., S. 1). 

Dass Russland Oberwasser auf dem Schlachtfeld hat, gehört, neben den Drohungen mit Roten Linien, zur Verhandlungstaktik, um Zugeständnisse zu erwirken. Wovon jedoch lässt man sich beeindrucken, ist die Frage? Und was stimmt?

Die Beantwortung beider Fragen zählt zur Aufklärung, die dem Urteil vorausgehen muss. Das gilt für das Militär (und seine Nachrichtendienste) genauso wie für die Politik, die letztlich unter Unsicherheit und nicht intendierten Folgen entscheiden muss.

Dabei spielt die Zeit in einem Stellungs-, Zerstörungs- und Erschöpfungskrieg ebenso eine fundamentale Rolle. Putin hat dabei kalkuliert im Blick, welche Zugeständnisse er Trump bezüglich Nato und Territorien abhandeln kann. 

Mit Lukaschenko bespricht er am 14. März auch die Stationierung von Oreschnik-Raketen in Belarus. Welche Trümpfe hat Trump noch in der Hand, der die internationalen Beziehungen (wie Politik überhaupt) als Machtspiel begreift, bei dem man sich nicht über den Tisch ziehen lassen darf. Ist der „Sanktionshammer das Einzige, was übrigbleibt?“ (FR, 15.3.).

Realistische Diplomatie mit Machtmitteln ist gefragt.

Wie wird weiter verhandelt?

Was ist eigentlich aus dem Friedensplan von Keith Kellogg, dem Sonderbeauftragten für die Ukraine, geworden? 

Der kriegserfahrene General Kellogg fehlte auffällig bei den Verhandlungen in Dschidda, Riad Il. Er wird quasi durch Witkoff, der eigentlich Nahost-Sondergesandter ist, ersetzt, der auch mit Moskau verhandelt. „Kellogg stehe der Ukraine zu nahe“, heißt es in Moskau (Tagesspiegel, 14.3.), wenn das Gerücht stimmt. 

Sein ursprünglicher Friedensplan wollte die Front ‚einfrieren‘ (was Russland offenbar zu wenig ist) und er sah vor, Kiew militärisch stärker zu unterstützen, wenn Putin nicht zu Gesprächen bereit sein sollte. Dieser rückt seit Wochen militärisch vor und will nun ukrainische Kriegsgefangene in Kursk wie „Terroristen“ behandeln. 

Ist Trump ein „Appeasement-Politiker“, der die Ukraine verkaufen wird, wie einst die Briten und Franzosen im Münchner Abkommen das Sudetenland? 

Klar ist, dass Selenski zum Frieden bereit ist. 

Klar ist auch, dass er dafür von den Amerikanern und den Europäern Sicherheitsgarantien will, was nach den bitteren historischen Erfahrungen 2014 und 2022 mehr als verständlich und absolut nötig ist. 

Niemand wollte die Ukraine in der Nato: nicht Frankreich, nicht Deutschland, nicht Biden, der damals in Vilnius 2023 stattdessen eine Unterstützung versprach wie für Israel. Diese besonders enge Sicherheitspartnerschaft setzt Trump fort. Deshalb ist seine Haltung zum iranischen Atomprogramm auch völlig klar : Gespräche oder militärischer Konflikt! 

Auch Trump lehnt einen Nato-Beitritt ab, den Selenski und viele Berater sehnlichst wünschen und seit Langem fordern. Stattdessen möchte er diese Aufgabe so weit wie möglich den Europäern überlassen, die weder genügend Soldaten haben, noch von Russland akzeptiert werden. Dies wird vielmehr als direkter militärischer Konflikt gewertet und gerade nicht als Weg zum Frieden. 

Europäische Friedenstruppen mit robustem Mandat lehnt Russland deshalb kategorisch ab. Aus seiner Sicht wäre dies dasselbe wie ein Nato-Beitritt und damit eine strategische Niederlage. Mit der EU allerdings, die der Ukraine wirtschaftliche Perspektiven eröffnet, könnte man leben.

Ebenso kategorisch lehnt Russland die Rückgabe der eroberten Gebiete ab. Gibt es diesbezüglich überhaupt Verhandlungsspielraum? Muss man unterstellen und damit rechnen, dass Putin weiterhin die Unterwerfung der ganzen Ukraine anstrebt?

Dass der Kampf um eine neue Weltordnung gegen die USA als „Feind“ und „Teufel“ geführt wird, politisch, militärisch, strategisch und in neuen Allianzen, ist offensichtlich und kein Geheimnis. Zum Beispiel im Bündnis mit China, Nordkorea und Iran. 

Die Manöver mit dem Iran in der Meerenge von Hormus belegen dies. China und Russland fordern ein Ende der Sanktionen gegen den Iran. Auch die Entwicklung eines nordkoreanischen Atom-U-Boots ist ohne russische Unterstützung nicht denkbar. 

Solche Fakten und Entwicklungen werden hineinspielen in die Verhandlungen Riad III auf der Spitzenebene zwischen Trump und Putin, indem Putin zum Beispiel anbietet, bei den Atomgesprächen mit dem Iran zu vermitteln, was eine brenzlige Baustelle für Trump ist. 

Putin und Trump sind sich einig, dass es ein weiteres Gespräch zwischen ihnen braucht. 

Der Termin steht noch nicht fest.

Bildnachweis: IMAGO / Russian Look