Positionen und Konstruktionen.

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Vom Zweikampf zum Dreikampf in der deutschen Politik?

Nachdem feststand, dass Annalena Baerbock Kanzlerkandidatin der Grünen wird, und die CDU/CSU in den Umfragen plötzlich überraschend deutlich hinter den Grünen lag, konnte die ungeschminkte Attacke aus dem Adenauerhaus nicht ausbleiben. Sie trug den Titel: „Das Fliegenpilz-Phänomen“. Die dreiseitige Analyse des grünen Wahlprogramms für angehende Wahlkämpfer gibt die Richtung vor gegen „linke kostenintensive Rezepte“.

Weiterhin gilt für die hegemoniale Kanzler- und Regierungspartei: „keine linken Experimente“. Damit hatte schon Adenauer (1949-63) erfolgreich argumentiert. Gleichzeitig wird damit der Anspruch behauptet, als Volkspartei die vernünftige bürgerliche Mitte zu vertreten und deshalb eine große Industrienation wie Deutschland führen zu können. Das Wort Deutschland an prominenter Stelle fehlt bei der CDU nicht, im Gegenteil. Von Führungsanspruch spricht die grüne Spitze seit 2020 offen und offensiv zum ersten Mal. Was Hegemonieanspruch heißt, wird sie im gegenwärtigen Wahlkampf in der Auseinandersetzung mit der CDU noch schmerzhaft lernen müssen. Sie dürfen dabei nicht zu viele Fehler machen, denn auch die grünen Bäume wachsen nicht in den Himmel.

Der Ausgang von Experimenten ist offen, man weiß nicht von vornherein, worauf man sich einlässt – und das in unsicheren Zeiten, in denen es zunächst für alle um die Bewältigung der Coronakrisen-Folgen geht. Die SPD, mit der man in der großen Koalition regiert hat, kann die CDU so nicht angreifen, sie ist auch nicht der Hauptkonkurrent ums Kanzleramt, von dem die Richtlinienkompetenz in der deutschen Politik ausgeht. Der Vizekanzler Olaf Scholz kann Kanzler, darum hat ihn die SPD überraschend frühzeitig und geschlossen aufgestellt ( wen sonst?), aber er wird es nicht, so sieht es wenigstens zur Zeit aus aufgrund des historischen Tiefs der Partei, das mehr als eine Momentaufnahme ist.

Im Zentrum der Attacke gegen die Grünen steht nach wie vor die bürgerlich-konservative Angst vor der Linken, mithin vor einer rot-rot-grünen Koalition, die selbst die „sympathischen Habeck und Baerbock“ (Laschet) sofort eingehen würden, wenn sie dafür die Mehrheit hätten. Inoffiziell wird deshalb der Wahlkampf diesmal gegen die ‚grünen Socken‘ schmutzig werden. Das inhaltlich gewichtigste Argument ist jedoch ein wirtschaftliches und finanzpolitisches, dass sich gegen Steuererhöhungen und nicht gedeckte Finanzierungen, die den nötigen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Coronakrise behindern würden, richtet. Als problematisch gilt dabei die Schleifung der Schuldenbremse, die Abschaffung der Hartz4-Sanktionen und die Mietobergrenzen. Der generelle Verdacht gegen das grüne Programm betrifft die zahlreichen Gesetze, Regulierungen und Quotierungen. Schon wird, der zweite bewusste polemische Hammer, von „Klimalockdown“ gesprochen.

Apropos Hegemonieanspruch: Dabei geht es nicht nur um Deutschland (wer ist besser für Deutschland?), sondern auch um den Staat, der das Gemeinwohl verkörpern soll. Der CDU- Generalsekretär bringt es auf den Punkt:
„Wenn die Grünen von einem starken Staat reden, meinen sie im Gegensatz zu uns keinen Staat, der als Dienstleister für die Menschen da ist, sondern sie wollen bevormunden und dafür sorgen, dass die Menschen so leben, wie die grüne Partei es gerne möchte“ (NZZ, 6. Mai 2021, S.2). Ziemiak spricht vom „bevormundenden ideologischen Staat“. Gleichzeitig fällt auf, dass er als konkreteste Angriffspunkte Schwächen bei der inneren Sicherheit nennt (Kriminalität, Law and Order bei der Integration, Abschiebung von Gefährdern). Die systematischen Hauptpunkte der Argumentation drehen sich um den Staat, die innere Sicherheit, den wirtschaftlichen Aufschwung, die Finanzpolitik und die naive, ja gefährliche grüne Willkommenskultur. Dazu kommen als Stimmenfang unpopuläre Phänomene wie das „Bürokratiemonster“ und die „Gängelung des Autofahrers“.

Laschet ist für eine klimaneutrale Industrienation, deren Ziele er nun nach dem jüngsten historischen Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 29. April 2021 ebenso wird umsetzen müssen wie Scholz. Der SPD spricht er ausserdem die industriepolitische Verknüpfung von Klimaschutz und Sicherung der Arbeitsplätze ab, da sie die „Facharbeiterschaft aufgegeben habe“. Scholz und die Umweltministerin Svenja Schulze sind nach dem 29. April sogleich entschlossen und in Rekordzeit gemeinsam für eine ambitionierte Klimapolitik an die Öffentlichkeit getreten. Das Thema hat nicht mehr nur für die Grünen Priorität, was Stimmen, auch bei den Jüngeren, neu verteilen könnte. Die Union verweist zudem darauf, dass die von ihr regierten Länder Bayern und Hessen die erneuerbaren Energien weit stärker ausgebaut haben als etwa das grün regierte Musterländle Baden-Württemberg. Die Konstruktion Schwarz-Grün liegt also nahe, sie ist aber keine Musterkonstruktion ebenso wenig wie Grün-Schwarz, wenn es um die entscheidende größere Durchsetzung erneuerbarer Energien in unserer energiefressenden Zivilisation geht.

Die Grünen, die auch als Partei neuen Zulauf bekommen, können sich nur noch selber schaden. Sie wollen als Macher und Mitmachpartei an die Macht, die sie dialogisch verstehen. Dafür haben sie in vielen Jahren die nötigen Verbindungen und Wissens-Netzwerke aufgebaut, die sie zur Führung gleich mehrerer Ministerien befähigen. Das gehört mit zum neuen Hegemonieanspruch, der die CDU herausfordert und zunehmend nervös macht. Es sind die ‚Engagierten ‚von heute und weniger ‚die Linken‘, sie drängen von der Ohnmacht zur Macht des Mitmachens und gemeinsamen Handelns selbst in der Bündnispartei und beim Regieren. Es ist nicht bloß ideologischer Verbalradikalismus, sondern mehr ‚Engagementpolitik‘ aus der Zivilgesellschaft. Daraus entsteht eine starke neue, auch für Jugendliche wieder attraktive Konkurrenz zu den alten Volksparteien der traditionellen Politik.

Am 6. Mai sehen die Umfragewerte folgendermaßen aus: 26% Grüne, 23% CDU/CSU, 14% SPD,
12% AfD, 11% FDP, 7% Linke. Was können die drei Kanzlerkandidaten in den nächsten 140 Tagen noch bewegen? Im Moment liegt Annalena Baerbock vorne, sie erlebt einen Hype in der eigenen Partei wie in den Medien. Demgegenüber liegt Laschet weit hinten, er muss erst noch kommen. Seine Aufgaben gerade auch im Verhältnis zur eigenen Partei sind schwierig: die Enkelgeneration von Kohl geht in Rente, die Zusammenarbeit mit Söder und Merz gestaltet sich als konfliktgeladen, und die ostdeutschen Landesverbände sind aufmüpfig. Steht das neue Thüringen, an dem Annegret Kramp-Karrenbauer als Parteivorsitzende scheiterte, mit den Wahlen in Sachsen-Anhalt im Juni schon vor der Tür? Was kommt dort nach dem schwierigen Balanceakt der Schwarz-rot-grünen Kenia-Koalition?

In allen ostdeutschen Landesparlamenten ist die AfD nicht nur eine starke, sondern die stärkste Oppositionspartei. Für viele in der CDU ist Laschet zu versöhnlich und schärft zu wenig das konservative Profil, wie sie es von Söder und Merz erwarten. Solche im engeren Sinne parteipolitischen Probleme haben SPD und Grüne nicht, die mit einer neuen Geschlossenheit auftreten und ihr inhaltliches Zukunftsprogramm lange diskutiert haben. Vielleicht ist der notorisch unterschätzte Laschet, der teddyhaft wirkt, am Ende des Wahlkampfs doch der Gewinner wegen der Aussichtslosigkeit von Scholz und der Unerfahrenheit von Baerbock. Der Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes NRW passt zur erfolgreichen Bundesrepublik, wie sie ist.

Vizekanzler Scholz wiederum ist ein Marathon-Mann, der Kondition und Nerven hat. Kann er am 9. Mai, auf dem ersten Online-Parteitag der SPD seit 157 Jahren, der Sozialdemokratie noch einmal eine kämpferische Richtung geben, die mehrheitsfähig ist? Wie? Wird aus dem Zweikampf noch einmal ein Dreikampf? Kann die alt gewordene progressive Hoffnung Rot-grün aus den 80er Jahren (der ‚andere Fortschritt‘ als rot plus grün) noch einmal erneuert werden durch die dynamischere Wunsch-Konstruktion Grün-rot von heute – rot in grünen Zeiten sozusagen? Dann muss die SPD allerdings deutlich über 20% kommen und danach sieht es anfangs Mai nicht aus. Viele Grüne mögen das am meisten bedauern, ebenso wenig sind aber die 30% der Mitbewerber sicher. Viele Nicht-SPD-Wähler würden vielleicht sogar Scholz wählen, aber nicht die linke SPD. Seine Ausgangsposition ist objektiv ebenso schwierig und unvorteilhaft, wie die von Laschet, während Annalena Baerbock die junge Hoffnungsträgerin für gewünschte Veränderungen ist, die zugleich Demut vor dem Amt zeigt.

Können Laschet und Scholz glaubwürdig als Krisenmanager und Versöhner nach der Coronakrise, die im Sommer möglicherweise unspektakulär zu Ende geht, antreten? Man wird nicht gleich im Geist aktivistischer Parteienpolitik zur neuen Tagesordnung übergehen können. Man darf sich ruhig noch einmal fragen, was christlich, sozial und demokratisches Regieren bedeuten und weshalb Kinder und Jugendliche, die keine Wähler sind, die eigentlichen Verlierer der Coronakrise geworden sind. Das „Aufholpaket“ ersetzt nicht die fehlenden Luftfilter und Tests in den Schulen.

Eine innergesellschaftliche Befriedung, ja Versöhnung, die tiefer geht, ist nötig. Am Anfang des neuartigen Pandemiekrisenmanagements hiess es noch, „wir werden einander viel verzeihen müssen“ (Spahn). Tatsächlich sind irritierend viele Fehler gemacht worden, tatsächlich sind nicht alle gleich von der neuen Notsituation betroffen, und von vielen sind darüberhinaus existenzielle Sonderopfer erbracht worden, die wieder kompensiert werden müssen. Soziale Politik im Einzelnen ist also das Gebot der Stunde wie der Respekt vor den großen Zukunftsaufgaben. Die SPD spricht geradezu von Zukunftsmissionen, die über eine Legislaturperiode hinausgehen. In diesem doppelten Sinne ist Respekt nicht zufällig das neue erste und häufigste Wort von Scholz geworden und nicht die moralisch komplexe und schwierigere Gerechtigkeit wie noch für den 100% Kandidaten Schulz, der sich in seinem Wahlkampf 2017 wirklich Zeit dafür nahm – „Zeit für Gerechtigkeit“. Soziale Gerechtigkeit war das erklärte Schwerpunktthema. Was ist daraus geworden?

Der Respekt bezieht sich jetzt wieder ausdrücklicher und deutlicher auf die Arbeiterschaft und den aktiven Sozialstaat. „Gesellschaft des Respekts“ umschreibt konkretisierbare Mindeststandards für eine zukunftsfähige Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie ein persönliches Verhalten untereinander. Sie kann selbst die differenzierte und ausdifferenzierte moderne Gesellschaft durchdringen. Kann Scholz deshalb der mehrheitsfähige Joe Biden Deutschlands werden, der als emphatischer Anti-Trump die Wahlen gewann und heute mit seiner Sozialpolitik überrascht. Dort findet zurzeit ein Paradigmenwechsel von den Reagonomics zu den Bidenomics statt, die realpolitisch selbst gegenüber den demokratischen Vorgängern Clinton und Obama etwas Neues bedeutet.

Für die Linken in Deutschland ist rot-rot-grün unter der Kanzlerschaft von Scholz zweifellos die Wunschkonstruktion, die jedoch gegenwärtig von verschiedener Seite her in Frage steht. Ob man sogar überschwänglich von einem neuen europäischen Keynesianismus auf der Basis sozialdemokratischer Werte sprechen kann, ist noch offen. Außen- und europapolitische Fragen sind im kontroversen Detail bisher noch nicht diskutiert worden. Auch diesbezüglich gibt es im Schatten des Klimawettlaufs einen programmatischen Überbietungswettbewerb zwischen den drei Kanzlerkandidaten.

Das solide erarbeitete Zukunftsprogramm der SPD wird am 9. Mai mit 99% Zustimmung verabschiedet. Von der Rede des Kanzlerkandidaten Scholz wird das Signal zur Aufholjagd erwartet. Alles wird auf ihn zugeschnitten, und man erfährt buchstäblich, was die Fokussierung auf Kanzlerdemokratie bedeutet: „Er ist der Mann, der alles, was wir beschlossen haben, aus dem Kanzleramt heraus umsetzen soll“ (Klingbeil). Darüber hinaus ist von Demokratie selten die Rede, was auch bezeichnend ist.

Der Wahlkampf ist diesmal besonders schwierig zu planen. Schlussspurt und die heißen Wahlkampfmonate bleiben angesichts der vielen Unentschlossenen unvermindert wichtig. Die Volatilität der Wählerschaft ist groß, und der Briefwahlkorridor ist zeitlich gestreckt. Die digitalen Umstände erschweren die emotionale Ansprache und die persönlichen Begegnungen. Der ersehnte Sommerurlaub kommt dazwischen und vieles mehr, von dem man nicht weiß, wie es sich auf die Wahlen auswirken wird.

Generalsekretär Klingbeil motiviert seine Wahlkämpfer: „Wir können Schlussspurt“ und erinnert an Schröder (2015), Hamburg (2020) und Brandenburg (2017). Aber das alleinige Zugpferd Scholz ist ein anderer Typus von Politiker als Schröder, und in Brandenburg galt es am Schluss, die ‚AfD‘ als stärkste Partei zu verhindern; es war keine Liebeserklärung an die SPD. In einem Punkt hat Klingbeil allerdings recht, man darf Demokratie nicht mit Demoskopie verwechseln. Der Wahlkampf steht erst noch bevor, und er wird, schwer kalkulierbar, verschiedene Etappen und Umschwünge haben.

In der großen Rede von Scholz erfährt man noch einmal, was Gesellschaft des Respekts bedeutet, die der ehemalige Anwalt für Arbeitsrecht auch mit persönlichen Beispielen aus Cottbus, Brandenburg und Potsdam erläutert. Ja, viele Ostdeutsche wissen, was schneller Wandel bedeutet, bei dem sie nichts zu sagen haben, und ja, hoffentlich erlebt der „Bergmann aus der Lausitz“ nicht noch einmal ungefragt, dass mühsam ausgehandelte Verabredungen und Versprechungen nichts zählen. Hoffentlich gelten Tariflöhne endlich auch bei den Pflegeberufen usw. Gerade im Kleinen und Alltäglichen lässt sich viel aufzählen, was Verkennung der Anerkennung im Materiellen und Sozialen bedeutet. Der ‚Kampf um Anerkennung‘ (Hegel) ist insbesondere für die sogenannten kleinen Leute nötig, die an ihrer Seite starke Verbündete, auf die Verlass ist, benötigen.

Im Großen macht Scholz die Konservativen für den „Fortschrittsstau“ verantwortlich, den er mit einer breiten Allianz – er erwähnt vor allem den gestaltenden Staat, Technik, Wirtschaft und Wissenschaft – für einen neuen Fortschritt durchbrechen will. Von progressiver oder linker Mehrheit spricht er an keiner Stelle seiner Rede. Dafür überrascht die häufige klassisch Rede vom Fortschritt, für den die Sozialdemokratie steht. Der starke Staat braucht sie mehr denn je, was auch der DGB (so Reiner Hoffmann, der nicht zufällig als Erster zugeschaltet worden ist) bestätigt; ihre Zeit ist historisch nicht abgelaufen, wie vorschnelle Diagnosen vermuteten.

Den Mindestlohn von 12 Euro will Scholz im ersten Jahr seiner Kanzlerschaft national verbindlich einführen, was eine Lohnerhöhung für 10 Millionen Arbeitnehmer bedeutet, und auf die europäische Ebene übertragen, was schon problematischer ist. Der Kanzler macht einen Unterschied vor allem für Deutschland, wo er auch die notwendigen Mehrheiten erreichen muss.

Ebenso wichtig ist Scholz die Wohnungs- und Mietfrage als soziale Frage unserer Zeit, die er als ehemaliger Hamburger Bürgermeister bestens kennt. Es soll wieder mehr gebaut werden in Deutschland, und eine gesetzliche Mietpreisbindung muss für die nächsten 5 Jahre gelten. Auf den Sozial-Demokraten Joe Biden, dem er es gleichtun will, bezieht sich Scholz gleich mehrmals, unter anderem auch bei Fragen internationaler Besteuerung. Ebenso will er die wahrlich historische solidarische Schuldenaufnahme der EU während der Coronakrise im Juli 2020 weiterführen. Das sind große Weichenstellungen.

Die charakteristischen Elemente des sozialdemokratischen Diskurses von Scholz sind: Gesellschaft des Respekts, Politik der Würde, Mindestlohn, bester Sozialstaat, neuer Fortschritt sowie technologischen Fortschritt in sozialen Fortschritt umwandeln. Um letzteres zu schaffen – mithin den ‚Tiger‘ zu reiten, der einen auch abschütteln kann – braucht es, sozusagen als Dompteur, den gestaltenden, kooperativen und korporativen Staat, der ohne „creative destruction“(Schumpeter) nicht auskommt.

Welche Kernbotschaften schließlich die breite Bevölkerung im Sommer wirklich erreichen werden, ist wieder eine andere Frage. Die alte Programmpartei hat ihre Arbeit jedenfalls getan, auffällig in den großen traditionellen Worten der Fortschrittserzählung, gemünzt auf künftige neue Herausforderungen. Zukunftsverantwortung ist notwendig und berechtigt, vielleicht hat sogar die Zeit der Zukunft allzu sehr über die drängende und dringliche Gegenwart von Land und Leuten die Oberhand gewonnen. Nur weil internationale Politik wichtiger geworden ist, sind deshalb kommunale, regionale und nationale Politik nicht unwichtiger geworden.

Die Sozialdemokraten haben jedenfalls ihren Führungsanspruch personalisiert und untermauert, so gut wie die neuen Grünen, wenngleich emotional nicht so mitreißend wie Annalena Baerbock, aber inhaltlich weit präziser als die CDU, die noch kein Wahlprogramm hat. Scholz ist zweifellos kompetent selbst in Details sowie politisch erfahren auf allen Ebenen von kommunal bis europäisch, er kann Mehrebenenpolitik als besonders konstruktive Konstruktion – und er kann Kanzler, das ist keine Frage. Ob er es wird, ist offen und im Moment eher unwahrscheinlich. Dasselbe gilt aber auch für Laschet und Baerbock aus anderen Gründen. Einer wird es jedoch werden, und dann werden Koalitionsverhandlungen zwischen Parteien vieles entscheiden, worüber wir jetzt nur mutmaßen.

Fotonachweise: Armin Laschet (© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), Grundsteinlegung MiQua-7004 (cropped), Collage von Daniel Wetzel, CC BY-SA 4.0), Annalena Baerbock (Olaf Kosinsky, 2020-10-30 Annalena Baerbock MdB GRÜNE by OlafKosinsky 2883 (cropped), Collage von Daniel Wetzel, CC BY-SA 3.0 DE), Olaf Scholz (© Olaf Kosinsky Olaf Kosinsky creator QS:P170,Q30108329 , 2019-09-10 SPD Regionalkonferenz Olaf Scholz by OlafKosinsky MG 2532, Collage by Daniel Wetzel, CC BY-SA 3.0 DE)