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  3. Author: Heinz Kleger
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Heinz Kleger, Prof. Dr. phil., geb. 1952 in Zürich, Philosoph und Politikwissenschaftler, lehrte 1993-2018 Politische Theorie an der Universität Potsdam, 2004-2008 auch an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder.

Protest und Widerstand

Wenn Bauern demonstrieren, dann aber richtig. Das kennen wir aus der Schweiz, wenn sie in ‚Bundesbern‘ auf dem Bundesplatz vor dem Bundeshaus auffahren und gelegentlich ihren Mist abladen. Das sind keine ‚Latschdemos‘, ‚Berufsdemonstranten‘ sind sie nicht.

Die Bauern haben nicht viel Zeit, da sie zu den Höfen zurückkehren müssen. Und sie demonstrieren erst, wenn sie wütend sind und das sprichwörtliche Fass übergelaufen ist, wenn sich viel Frust angesammelt hat gegenüber einer Regierungspolitik, die ihnen fern ist. Vielen Bauern fehlt in den Ämtern, mit denen sie es zu tun haben, die nötige Fachkompetenz. Sie kommen aus einer anderen Arbeits- und Lebenswelt. Die Sparbeschlüsse 2023 haben sie als „katastrophales Weihnachtsgeschenk“ erlebt.

Das blaue Wunder

Wir alle kennen die Redensart „du wirst noch dein blaues Wunder erleben!“ Sie ist bedrohlich gemeint.

Immer wieder neue Umfragen bestätigen seit längerem den Aufwärtstrend der AfD. Sie braucht dafür scheinbar nichts zu tun, trotzdem starren fast alle, wie das Kaninchen auf die Schlange, nur noch auf diese Partei, die Comedians als „Gurkentruppe“ verspotten und der Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ bezeichnet.

Pentarchie oder Anarchie?

Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler geht von der These aus, dass eine Pentarchie der großen Fünf: USA, Europa als geopolitischer Akteur, Russland, China und das ehemals blockfreie Indien heute zur Befriedung der Welt beitragen könnte (ders., Welt in Aufruhr, Rowohlt 2023).

Sie müssen sich dabei auf Regeln verständigen können, die sie einhalten wollen, und ihren jeweiligen Einflussbereich friedlich halten. Ein einzelner Akteur kann das nicht, die westliche Hegemonie der USA sei zu Ende gegangen. Die Pentarchie wäre Hüter dieser Ordnung, wo heute die UNO versagt.

Über Klugheit, Moral und Recht

In der Ukraine und im Nahen Osten scheint nach den barbarischen Angriffen der russischen Armee und der Hamas der Frieden in weite Ferne gerückt. Nur seine Form und Durchführung bleibt klar: um die Wahrheit zu finden, muss man diskutieren und sich verständigen, oft heftig und schwer erträglich; politisch gesprochen: Verhandlungen und Kompromisse sind nötig. Daran führt in einer nicht-idealen Welt früher oder später kein Weg vorbei, um des Friedens und der Freiheit willen. 

Weiter Krieg statt politische Reaktionen

„Der Krieg in der Ukraine befindet sich in einer neuen Phase“, verkündet Selenski am 1. Dezember. Gleichzeitig ist die siebentägige Feuerpause zwischen Israel und der Hamas abgelaufen, und der Krieg läuft nahtlos weiter.

Es „sprechen“ wieder die Waffen, während Ägypten und Katar (sowie USA und Israel) im Hintergrund weiter „vermitteln“. Israel führt seinen Verteidigungskrieg offensiv mit der Flugwaffe und Bodentruppen mit 200 Zielen täglich. Besonders im Süden des Gazastreifens ist das schwierig und problematisch, wo man das Hauptquartier der Hamas vermutet.

Der Westen mit der Ukraine gegen Russland 

Die begrenzte „Militäroperation“ sollte zu Beginn ein Blitzkrieg werden gegen die Kiewer Regierung. Daraus ist für beide Seiten ein langer harter Krieg geworden, der immer härter wird für die Soldaten an der mehr als tausend Kilometer langen Front von Kupjansk im Norden bis Cherson im Süden. 

Militärexperten sprechen bereits von 2025, sie überspringen gerne konkrete Situationen und die Ratlosigkeit, die oft mit ihnen verbunden ist. Großen Erwartungen entsprechen große Enttäuschungen, die Prognosen liegen oft daneben. Das ist den realen Ereignissen und Handlungen nicht angemessen.

Friedensstifter ohne Frieden

Das vierstündige Treffen von Präsident Biden und Staatspräsident Xi in San Francisco war Krisenkommunikation auf höchster Ebene und fast letzter und äußerster Stufe (siehe den Blog vom 15. November). Das Wichtigste: das „rote Telefon“ haben wir wieder, es hat schon einmal die Menschheit gerettet. Ist dies mehr als eine Beruhigungspille?

Die Frage seit Immanuel Kants Friedensschrift von 1795 indessen ist, was friedensfördernde Maßnahmen sind. Der erklärte Wirtschaftskrieg, etwa mit den Chips, an dem beide Seiten beteiligt sind, ist jedenfalls deutlich zu entschärfen, „wenn die Traumwandler nicht in einen neuen Weltkrieg schlittern wollen“ (siehe Braml/Burrows 2023).

Krisenkommunikation auf höchster Ebene

Die militärisch-politische Führung Russlands (Putin, Lawrow, Schoigu) will wieder zur friedlichen Koexistenz zurückkehren, wenn der Westen, insbesondere die USA aufhören, „Russland eine strategische Niederlage“ beibringen zu wollen. Man will eine ebenbürtige Rolle in der internationalen Politik einnehmen. Dabei spielt die strategische Partnerschaft mit China eine “ immer größere Rolle auch im militärischen Bereich“, so ausdrücklich Putin. Am 8. November empfängt er in Moskau Zhang Youxia, den zweithöchsten Befehlshaber nach Xi.

Der globale Krieg

Im Oktober geht die Angst vor einem Flächenbrand im Nahen Osten um, die Angst vor einer Ausweitung des Krieges nach den furchtbaren Terrorangriffen der Hamas am 7. Oktober auf Israel. Ein Mehrfrontenkrieg droht dem kleinen wehrfähigen demokratischen Land, das inmitten eines eigenen aufwühlenden Demokratiekonflikts war, bei dem sogar die unentbehrlichen Kampfpiloten in den Ausstand traten.