Blog

  1. Home
  2. /
  3. Blog
  4. /
  5. Page 10

Auf dieser Seite finden Sie aktuelle Artikel und Aufsätze von mir.

Was heißt Neutralität?

Neutralität ist weder eine einfache Haltung, noch in vielen Fällen einfach zu vermitteln. Seit ich weiß ist, ist sie in meinem Heimatland Schweiz bei wichtigen politischen Vorlagen immer wieder umstritten.

Dabei ging es in den 60er und 70er Jahren – pauschal gesprochen – auch um einen Generationenkonflikt zwischen der Aktivdienstgeneration, der unsere Lehrer und mein Vater angehörten, und einer jüngeren Generation mit ihren Utopien. Die Jüngeren sind inzwischen älter geworden und konnten neue Erfahrungen und Kenntnisse sammeln aufgrund deren sie angesichts neuer Herausforderungen wie dem Ukraine -Krieg heute als politische Schweizer urteilen, während die heute Jüngeren aus ihrer Spontaneität heraus, von Traditionen unbelastet, reagieren.

Zeitenwende

Der 12. Mai markiert eine Zeitenwende in Europa: das neutrale Finnland (und in seinem Gefolge wohl auch Schweden) will definitiv der Nato beitreten.

Das verkünden in einer gemeinsamen Erklärung der finnische Staatspräsident Sauli Niinistö und die Regierungschefin Sanna Marin. Sie vertreten die zwei größten Fraktionen im Parlament. Zuvor wurde einer dreimonatigen Diskussion in der Bevölkerung Raum gegeben, die definitive Entscheidung wird indessen in der Eduskunta, dem finnischen Parlament fallen. In der Bevölkerung (76%) wie im Parlament gibt es inzwischen eine breite Zustimmung, was anfangs des Jahres bei weitem noch nicht so war.

Krisen- und Solidaritätskonkurrenz

Kaum ein Wort ist während der Coronakrise so häufig verwendet und beschworen worden wie Solidarität. Seit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine ist wieder Solidarität die omnipräsente Hauptparole. Überall, wo die gelbblauen Fahnen aufscheinen, ist diese Solidarität gemeint, die konkret mit zahlreichen und vielerlei Hilfen verbunden wird. Dass diese Hilfe hilft, daran gibt es keinen Zweifel.

Der 8. und 9. Mai

Seit Beginn des Angriffskrieges von Putin auf die Ukraine werden in Deutschland sowjetische Ehrendenkmäler geschändet. Allein in Berlin registrierte die Polizei mehr als 20 Fälle. Darunter mehrmals Anschläge auf das größte Denkmal in Berlin-Treptow mit 7.000 Gräbern. 

In seinem Zentrum steht der haushohe imposante Sowjetsoldat mit dem Kind auf dem Arm und dem Schwert in der Hand, der den Sieg über die Nazidiktatur symbolisiert. Und die Skulptur „Mutter Heimat“ trauert um ihre vielen gefallenen Söhne. 24 Millionen sowjetische Bürger verloren im zweiten Weltkrieg ihr Leben, bedingt durch den Rassenwahn des nationalsozialistischen Deutschlands. 

Zeit des Krieges

Ausgerechnet an dem Tag, wo UN-Generalsekretär Guterres Kiew besucht, wird die Hauptstadt nach zwei Wochen wieder mit 5 Raketen beschossen, in der Nähe des Treffens mit Selenskyj.
Ein zynischer „Gruß aus Moskau“ mit symbolischer Bedeutung.

Krieg als Definitionssache

Worin besteht die Zeit des Krieges? Was macht heute den Krieg aus? Den realen Krieg wie den Krieg als Metapher.

Der englische Philosoph und Staatstheoretiker Thomas Hobbes (1588- 1679) definiert den Krieg nicht nur über Kampfhandlungen, sondern als einen Zeitraum, “ in dem der Wille zum Kampf genügend bekannt ist. Und deshalb gehört zum Wesen des Krieges der Begriff Zeit, wie zum Wesen des Wetters. Denn wie das Wesen des schlechten Wetters nicht in ein oder zwei Regenschauern liegt, sondern in einer Neigung hierzu während mehrerer Tage, so besteht das Wesen des Kriegs nicht in tatsächlichen Kampfhandlungen, sondern in der bekannten Bereitschaft dazu während der ganzen Zeit, in der man sich des Gegenteils nicht sicher sein kann. Jede andere Zeit ist Frieden.“ (Hobbes, Leviathan 1651).

Die Entscheidungsschlacht

Nach dem buchstäblich gewaltigen strategischen Fehlschlag auf Kiew muss die russische Großoffensive nach Ostern ein Erfolg werden. Der neue Kommandeur, der Armeegeneral Dwornikow verspricht seinem politischen Mentor Putin einen Erfolg bis zum 9. Mai, dem großen Tag des sowjetischen Sieges über Nazideutschland.

Die Donbass-Region soll militärisch und zivil „befreit“ werden und die Landverbindung zur Krim wiederhergestellt werden. Was dann folgt, weiß niemand. Es hängt vom Ausgang des Krieges ab, der noch immer einer Preiserhöhungsstrategie folgt. „Die Schlacht um den Donbass“ (Selenskyj) soll die Entscheidungsschlacht werden.

Politischer Pazifismus oder friedensuchende Realpolitik?

Wer der Auffassung ist, dass Putin den Krieg nicht gewinnen darf, und die Ukraine den Krieg gewinnen kann und muss, für den liegen die Optionen vor den friedens- und hoffnungsfrohen Ostern auf der Hand. Frieden schaffen mit Waffen!

Während die friedensbewegten Ostermärsche weiterhin und jetzt erst recht eine „Welt ohne Waffen“ fordern, drängen die vielen, schnell überzeugten Nicht-Pazifisten auch gegen die Zögerlichen auf die schnelle Lieferung weiterer schwerer Waffen, die kriegsentscheidend sein können: das sind vor allem Panzer und Flugzeuge. Russland droht derweil bei weiteren Waffenlieferungen den westlichen Staaten „unvorhersehbare Folgen“ an. Nun haben sie es – vor Ostern – noch schriftlich! Großbritannien ist dabei besonders im Visier, deren Außenministerin sogar die Kriegsteilnahme eigener Staatsbürger begrüßt hatte.

Von der Re-Militarisierung zu Armageddon!?

Am 10. April wird zum ersten Mal gemeldet, dass sich ein über 10 Kilometer langer russischer Konvoi dem Donbass nähert. Die erwartete Großoffensive vor oder nach Ostern (das orthodoxe Fest liegt eine Woche später) wird aufgebaut unter der neuen Leitung des Armeegenerals Dwornikow, der in den amerikanischen Medien „the butcher of Syria“ genannt wird. Er hat auch die Erstürmung von Grosny befehligt. Die Ukraine erwartet härteste Kämpfe: „Wir brauchen mehr Waffen, jede Stunde zählt“ (Klitschko).

Vor dem 9. Mai

Die in Moskau geborene Schriftstellerin Sonja Margolina schreibt, dass Putin, der Russland zu alter Größe zurückführen wolle, das Land als Kulturnation abschaffe (NZZ, 7.4.2022): „Die ‚Heim, ins Reich‘- Holung der abtrünnigen Ukrainer bewirkt im Ergebnis das Gegenteil dessen, was beabsichtigt war: nämlich die Entwertung und Ächtung der ‚russischen Welt‘ als Folge einer kollektiven moralisch-psychologischen Reaktion der ganzen zivilisierten Menschheit.“